Geocaching: historisches Lernen vor Ort und unterwegs
1) Was ist Geocaching?
In der Wikipedia wird Geocaching wie folgt definiert:
Geocaching (von griechisch geo „Erde“ und englisch cache „geheimes Lager“) ist eine Art elektronische Schatzsuche oder Schnitzeljagd. Die Verstecke („Geocaches“, kurz „Caches“) werden anhand geografischer Koordinaten im World Wide Web veröffentlicht und können anschließend mit Hilfe eines GPS-Empfängers gesucht werden. Mit genauen Landkarten ist auch die Suche ohne GPS-Empfänger möglich.
Ein Geocache ist in der Regel ein wasserdichter Behälter, in dem sich ein Logbuch sowie – je nach Größe – auch kleine Tauschgegenstände befinden. Jeder Besucher trägt sich in das Logbuch ein, um seine erfolgreiche Suche zu dokumentieren. Anschließend wird der Geocache wieder an der Stelle versteckt, an der er zuvor gefunden wurde. Der Fund wird im Internet auf der zugehörigen Seite vermerkt und gegebenenfalls durch Fotos ergänzt. So können auch andere Personen – insbesondere der Verstecker oder „Owner“ (englisch für „Eigentümer“) – die Geschehnisse rund um den Geocache verfolgen. Wesentlich beim gesamten Such- und Tauschvorgang ist, dass von anderen anwesenden Personen das Vorhaben nicht erkannt wird und so der Cache Uneingeweihten verborgen bleibt. (Leicht verändert nach: http://de.wikipedia.org/wiki/Geocaching, 31.05.2012)
Ursprünglich hat Geocaching also nichts mit Bildung oder Geschichte zu tun. Es kann aber für Bildungsprozesse und insbesondere für historisches Lernen genutzt werden. Beispiele dafür gibt es schon bereits, vor allem aus der außerschulischen Jugendarbeit und der politischen Bildung, aber auch z.B. als Angebote der Stadttouristik (Links siehe unten).
2) Was hat Geocaching mit Geschichte zu tun?
Geocaching ist in den letzten Jahren zu einer Massenveranstaltung bzw. zu einer Art Volkssport geworden. Hat man ein paar Caches an seinem Wohnort gehoben, fällt einem erst auf, nicht nur viele Caches überall versteckt sind, sondern viele Leute sie Tag für Tag und natürlich vor allem am Wochenende heben.
Dabei gelangt man nicht nur zu den ungewöhnlichen, schönen oder sonstwie interessanten Plätzen. Eine Großzahl der versteckten Caches führt zu historischen Orten, die mehr oder minder vergessen, ein wenig ab von Verkehr und Aufmerksamkeit liegen.
In der Beschreibung vieler Caches begründen dies die Besitzer oft ausdrücklich damit, dass der Ort kaum beachtet wird, sie diesen aber interessant finden. So kann einen die Schatzsuche zu einer ehemaligen Synagoge führen, die heute als Kulturcafé und Bibliothek genutzt wird, zum abseitig gelegenen Fundament eines Limesturms, einer denkmalgeschützten, mehrere hundert Jahre alten Eiche, deren Name auf alte Handelswege verweist, oder einem weitgehend unbeachteten frühneuzeitlichen Meilenstein.
Geocaching kann so eine interessante Art sein, sich ohne Reiseführer an unbekannten Orten von den Caches leiten zu lassen und diese so zu entdecken. Tausende von Menschen haben in Deutschland kleine Boxen und Dosen an historischen Orten versteckt, auf die sie damit aufmerksam machen und an deren Geschichte sie erinnern wollen. Noch mehr Menschen machen sich auf, diese Schätze zu entdecken. Sie entdecken dabei auch immer ihnen bislang unbekannte Orte und deren Geschichte oder lernen bekannte Orte neu zu sehen. Geocaching ist ein relativ junges Phänomen, aber bereits fester und populärer Bestandteil der Geschichtskultur.
Digitale Medien dienen auch hier nicht dem Abtauchen in „virtuelle Welten“, sondern dem Erkunden der eigenen Welt, lokaler und regionaler Geschichte(n) des Ortes, an dem man sich gerade befindet. In der ausführlichen Beschreibung des Caches findet sich oft eine Kopie des Wikipedia-Artikels oder sonstiger Kurzinfos zu dem jeweiligen Ort. Das wirkt oft ein bisschen lieblos, aber woher sollte man denn auch mehr oder andere Informationen bekommen. Wer wenige Jahre zurückdenkt,wird sicher erinnern: Selbst wer einen Brockhaus zuhause stehen hatte, konnte darin kaum etwas über die Geschichte der kleinen Kapelle am Bach oder des alten Baums an der Wegkreuzung nachlesen.
3) Wie kann ich Geocaching im Geschichtsunterricht nutzen?
Was bei den meisten Angeboten fehlt, ist eine (fach-) didaktische Aufbereitung. Dass Geocaching ein hohes didaktisches und methodisches Potential für historisches Lernen birgt, scheint unstrittig. Dabei bieten sich verschiedene Möglichkeiten:
- Lehrkräfte oder Schüler suchen aus dem vorhanden Angebot an Caches historisch interessante raus, für einen Unterrichtsgang, eine Exkursion oder Klassenfahrt (auch die Lernplattform Segu hat Geocaching in dieser Form in Module eingebunden, siehe z.B. hier:
http://www.segu-geschichte.de/index_htm_files/236FoIndustrieGeocaching.pdf) - Die Kollegen einer Fachkonferenz erstellen z.B. im Rahmen eines Studientags gemeinsam eine Tour für ihren Unterricht.
- Schüler erarbeiten selbst historische Geocaching-Touren im Unterricht oder in einer AG, z.B. für jüngere Klassen oder als alternatives Produkt von Projektarbeiten für ihre Mitschüler.
- Eventuell besteht die Möglichkeit mit einem Museum oder Archiv vor Ort zu kooperieren, von denen einige Geocaching bereits als Teil ihrer Öffentlichkeitsarbeit und Möglichkeit andere Zielgruppen anzusprechen sehen.
Durch Geocaching lassen sich historische interessante, bisher unbekannte Orte, aber auch alt bekannte neu entdecken. Gelungene „Schatzsuchen“ motivieren über ihren Spiel- bzw. Rätselcharakter. Sie provozieren Fragen und wecken damit Interesse an einem Lerngegenstand. Diesen Fragen kann direkt vor Ort mit Hilfe mobiler Endgeräte (wie z.B. Smartphones) oder in der Nachbereitung nachgegangen werden. Aus fachdidaktischer Perspektive ist besonders die quantitative Ausweitung ebenso wie die qualitative Aufwertung von historischen Lernorten, verstanden als Orte, an denen historisch gelernt werden kann, mit den damit verbundenen Möglichkeiten zur Lokalisierung historischer Personen, Ereignisse und Prozesse, hervorzuheben.
Das Lernen vor Ort kann helfen, Abstraktes zu konkretisieren und Zusammenhänge besser zu verstehen. Die Verknüpfung mit vielfältigen, multimedialen Materialien (Texte, Bilder, Videos etc.) unterstützt historisches Lernen. Ein Schwerpunkt bildet Kartenarbeit, die Orientierung mit Hilfe von Karten, das Gestalten eigener Karten und Caches. Geocaching und andere Formen mobilen Lernens eignen sich auf methodischer Ebene besonders für selbstständiges Lernen und kooperative Arbeit in Projektform. Darüber hinaus ermöglichen solche Projekte Jugendlichen eine aktive Teilhabe an einer spezifischen, zur Zeit sehr populären Form von Geschichtskultur.
Lokale und regionale Geschichte kann so für den Unterricht einen größeren Stellenwert erhalten, muss aber immer in größere Zusammenhänge eingebunden werden. Die Dimension des Raums, die sonst im Geschichtsunterricht eher eine untergeordnete Rolle spielt, wird körperlich erfahrbar. In Projekten zum Nationalsozialismus kann z.B. auf diese Weise deutlich werden, dass es auch in der eigenen Stadt ein Gestapo-Gefängnis gab und wie nah dieses an Schule, Schulweg, Rathaus oder Regierungsgebäuden liegt oder warum das Mahnmal für die Opfer genau an jener Stelle aufgestellt wurde.
Gemeinsam mit der Stadtbildstelle Koblenz, die seit einiger Zeit, wie andere auch Medienzentren in Rheinland-Pfalz, GPS-Geräte für Schulen zur Ausleihe anbietet, sowie mit Schülern des Eichendorff-Gymnasium werden wir unterschiedliche Touren zur Geschichte von Koblenz erarbeiten, die auch überregional interessant sind: Die erste Tour wird sich mit der Geschichte von Koblenz als erste Hauptstadt des neu gegründeten Landes Rheinland-Pfalz (von 1946-1950) beschäftigen und voraussichtlich im Herbst fertig sein. Die zweite Tour soll im Frühjahr 2013 erarbeitet werden und Orte jüdischer Geschichte in den Blick rücken.
Zum Weiterlesen:
a) Geocachen im Bildungsbereich
Beiträge zu Geocaching in der Bildung auf dem Portal #pb21 http://pb21.de/category/themen/dienste-werkzeuge/geocaching-dienste-werkzeuge-themen/
Beiträge von Guido Brombach zum Geocaching in der Jugend- und Bildungsarbeit
http://www.dotcomblog.de/?tag=geocaching
Beiträge von Jöran Muuß-Merholz
http://www.joeran.de/tag/geocaching/
b) Beispiele für Geocaching-Projekte
Jöran Muuß-Merholz/Daniel Eisenmenger, Workshop 5: Lernen (wie) im echten Leben - Geocaching, Mobile Apps und selbst gestaltete Stadtrundgänge auf Internationalen Konferenz „httpasts://digitalmemoryonthenet“ der BpB vom 14.-16. April 2011 in Berlin,
http://www.bpb.de/veranstaltungen/dokumentation/62832/httpasts-digitalmemoryonthenet
Volksfreund, 9. Mai 2012„Schüler lernen beim Geocachen etwas über die Bolivienpartnerschaft“,
http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/heilig_rock_wallfahrt_2012_trier/berichte/Berichte-Schueler-lernen-beim-Geocachen-etwas-ueber-die-Bolivienpartnerschaft;art306393,3151884
Tourist-Info Morbach/Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz, „Geocaching auf der Arnikaschleife der LandZeitTour“,
http://www.morbach.de/geocaching.html
Geocaching.Tour: Lenus Mars zum Archäologiepark Martberg/Pommern an der Mosel,
http://www.geocaching.com/seek/cache_details.aspx?guid=2e2994c1-d41a-40b4-a341-84dbd7f745da
Geocaches der Landeszentrale für politische Bildung NRW in Düsseldorf: „Landtagsgeschichten“ und „Große Politik am Rheinufer“,
http://www.politische-bildung.nrw.de/heute/00091/index.html
c) Geocaching-Anleitungen für Anfänger
Geocaching-Anleitungen für Anfänger z. B.
http://www.cachewiki.de/wiki/Geocaches_finden
oder
http://www.cachewiki.de/wiki/Geocaches_verstecken
Video: Was ist Geocaching?
http://www.youtube.com/watch?v=ew3Rb30pHvw
Daniel Bernsen, RFB Geschichte Koblenz