Online-Zeitzeugenportale
„Mit dem Ende der NS-Zeitzeugenschaft sowie mit der Historisierung der Geschichte des Nationalsozialismus steht die demokratische Erinnerungskultur vor einem tief greifenden Wandel“ (so Volker Knigge in einem Beitrag auf dem Portal der Bundeszentrale für politische Bildung). Unsere Gesellschaft erlebt in Bezug auf den Nationalsozialismus gerade den Übergang beim Übergang vom kommunikativen ins kulturelle Gedächtnis. Damit gewinnen die Aufzeichnungen in externen Speichermedien an Bedeutung, so ist es kein Wunder, dass in den letzten Jahren eine Reihe von Onlineportalen mit Videoaufzeichnungen von Zeitzeugenerzählungen entstanden sind.
Als Anfang Oktober das Zeitzeugenportal "Gedächtnis der Nation" als Kooperationsprojekt u.a. von ZDF, Stern und Geschichtslehrerverband online ging, hat dieses viel Aufmerksamkeit und in der Presse Besprechungen mit einem positiven Grundtenor erhalten. Es gibt allerdings auch einige kritische Stimmen. Lesenswert hierzu sind das Interview mit Norbert Frei auf Deutschlandradio Kultur sowie der zusammenfassende Beitrag von Thomas Spahn auf dem Portal Lernen-aus-der-Geschichte. Prinzipiell ist die Möglichkeit eigene Zeitzeugengespräche aufzunehmen und über ein Onlineportal einer größeren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und sie damit zugleich zu archivieren, auch für den schulischen Geschichtsunterricht und historische Projektarbeit an Schulen eine sehr reizvolle Möglichkeit. Es ist allerdings sicher kein Zufall, das der eingerichtete Youtube-Kanal des „Gedächtnis der Nation“- Projekts auch nach über einem Monat noch kein Zeitzeugen-Video enthält. Ich würde dringend dazu raten, vor einer eventuellen Beteiligung an dem "Mitmach-Projekt" ausführlich die rechtlichen Vorgaben zu lesen, vor allem den Teil weiter unten auf der Seite zur "Rechteeinräumung".
Während das mediale Großprojekt sehr viel Aufmerksamkeit erfahren hat, werden kleinere Initiativen, die sich für die aktive Mitarbeit von Schulen eher anbieten, an den Rand gerückt und laufen Gefahr, übersehen zu werden. Die verschiedenen Projekte bestehen oft seit mehreren Jahren, haben in der Regel eine thematische bzw. zeitliche Schwerpunktsetzung und richten sich teilweise explizit an Schulen.
Einen Überblick über die verschiedenen Online-Zeitzeugenportale finden Sie neben dem oben erwähnten Artikel von Thomas Spahn auch in meinem Blog. Hinzu gekommen ist das auch für Schulen interessante Memoro-Projekt, das auch auf Lernen-aus-der-Geschichte kurz vorgestellt wird.
Daniel Bernsen (ehemaliger RFB Geschichte Koblenz)